Ein winziges Dorf in der Lausitz, südlich von Berlin. Dort, wo die Haupstraße in einer Sackgasse endet, liegt der Hof von Robert Strauch, Tischler, Künstler und Leitungsteammitglied der Permakultur Akademie. Es empfängt uns eine wilde, summende, brummende Wildblumenwiese mit kleinen Obstbäumen.
Der schmale Weg führt entlang einer herzförmigen Linde mit einem Baumhaus. Hängematten baumeln zwischen den Bäumen. Wir bestaunen Roberts Zaubergarten und die liebevoll umgebaute Scheune.
Permakultur = Enten die Schnecken fressen?
Wir, das sind 16 Teilnehmer des Workshops „Klima wandeln – Leben gestalten“, einem zweiwöchigen Permakultur-Designkurs. Helge und ich sind hier, weil wir während unserer Reise immer wieder über den Begriff gestolpert sind. Viele machen das gerade, Permakultur auf ihren Selbstversorger –Höfen. Doch wir wissen nur wenig mehr, als in diesem Radiobeitrag erzählt wird: Enten essen Schnecken; Teich reflektiert Sonnenstrahlen; Pflanzen durcheinander pflanzen, dann gibt es mehr Ertrag und alles stabilisiert sich gegenseitig. Wir haben da mal einen Film drüber gesehen. Magic!
Johanna Häger leitet mit Robert den Kurs, sie ist Zimmerin und Dipl. Ing. für Landschaftsarchitektur. Die beiden beginnen mit den Grundlagen: Was ist Permakultur eigentlich und wer hat es erfunden?
Die Erde fruchtbar machen
Der Begriff setzt sich aus den englischen Wörtern „Permanent“ und „Agriculture“ (Landwirtschaft) und wurde von Bill Mollison (der Macher), David Holmgren (der Wissenschaftler) und Fukuoka Masanobu (das Herz) gegründet und weiterentwickelt. Permakultur will die Erde fruchtbarer machen und beruft sich auf eine Handlungsanweisung der Aboriginees: Bei allen Entscheidungen sollen wir die nachfolgenden sieben Generationen mitdenken. Daher gehe es beim Thema Permakultur „nicht nur ums Gärtnern“, es ist auch eine politische Angelegenheit, erklärt uns Johanna.
Neben dem Inhaltlichen lernen wir unsere Kursteilnehmer sehr gut kennen. Viele sind auf der Suche, so wie wir als wir noch im Frühjahr den Kurs gebucht haben. Der Polizist, die Barista, die Verkäuferin im Bioladen, sie schauen sich nach Neuanfängen um. Wir sind eine bunte Gruppe und kommen uns bald sehr nahe.
In den Randzonen geht die Party ab
Mit Spielen, Diskussionen und Frontal-Input lernen wir die Gestaltungs-Prinzipien. Z.B. „Arbeite mit der Natur (statt gegen sie)“. So sollen wir statt Giften Nützlinge einsetzen (okay also doch wieder Laufenten statt Schneckenkorn).
Nicht versuchen in der Trockenheit Brandenburgs Reis anzubauen, sondern Pflanzen, die mit eher wenig Wasser auskommen können. Möchte man Eichen pflanzen, können Birken als „Ammengewächse“ fungieren, die viel schneller wachsen und Schatten spenden. Wir lernen: Schaffe Randzonen (Waldrand, Flussufer) und das Leben stellt sich ein. Klingt alles sehr logisch.
„Jeder Garten ist ein kleines Paradies“
Unsere Freundin Helen hatte uns gewarnt: „Abends werdet ihr wie ein Stein ins Bett fallen.“ Und tatsächlich ist es wahnsinnig viel, was wir an Input reinkriegen, was in uns arbeitet, was wir an Aha-Erlebnissen haben.
Auf einmal fällt mir auf, dass ich bei meinen Mühlen-Garten-Traum immer nur versucht habe meine Bedürfnisse durchzudrücken und Helge nicht einmal gefragt habe, wie er sich unseren zukünftigen Garten vorstellt. Kursleiterin Johanna grinst dazu: „Jeder verwirklicht in seinem Garten seine Vorstellung vom Paradies.“
Permakultur – Geduld ist gefragt
Permakulturdesigner arbeiten mit Zonen, d.h. sie ordnen Pflanzen im Garten z.B. nach ihrem Pflegeaufwand. Tomatenpflanzen brauche viel Wasser, also pflanze ich sie dahin, wo ich eh immer vorbei laufe. Nach Obstbäumen muss man dagegen seltener sehen. Auch das Mikroklima ist zu beachten: Wie verläuft die Sonne wann im Jahr, wie geht der Wind, wieviel Niederschlag gibt es? Viele Permakultur-Gärtner beobachten erst einmal ein ganzes Jahr lang ihre Gärten, um zu erforschen welche Pflanzen wo stehen können. Dabei gibt es mikro, mikro Abstufungen, z.b. ist es vor und hinter einem Felsen sehr unterschiedlich warm!
Mir graut es vor dieser Geduldsprobe: Ich möchte am liebsten gleich loslegen mit meinem ersten eigenen Garten… aber es wird auch spannend ihn erst einmal zu ergründen.
„Pflanze Bäume und alles wird gut“
Einen ganzen Tag lang beschäftigen wir uns nur mit Bäumen und ihren unterschiedlichen Funktionen. Sie sind Lebensraum, filtern Luft und Wasser, geben Holz und Früchte. Und: Unter ihnen finden viele andere kleinere Pflanzen Platz, Wasser und Schatten. Endlich sind wir beim Thema: „Die Ernte beim Waldgarten wird über die Jahre immer, immer mehr“, erklärt Robert. „Und die Arbeit weniger.“ Katsching! (Naja, umgekehrt gilt leider das gleiche. Geduld……)

Wir kochen eine Kompost-Lasagne
Wenn Johanna oder Robert über Kompost sprechen, leuchten in ihren Augen kleine Herzchen. Nicht umsonst hätten „Kompost“ und Komponist“ den selben Wortstamm! „Im Boden wird das getrennte wieder vereint“, sagt Johanna.
Mit Hingabe weihen sie uns in die Kunst ein: „Je mehr unterschiedliche Ausgangsstoffe, desto besser das Produkt.“ Das können organische Stoffe wie Blätter, aber auch Küchenabfälle , Zellulose und Haare sein. Holz, Ton und Asche können ebenfalls dazu gemischt werden. Das Ziel: Eine Luxus-Suite für Regenwürmer!! Und wir lernen: Alles, was auf den Kompost kann, kann man auch zum Mulchen nehmen.
Das Festival der Lieblingsideen
Als Höhepunkt der ersten Woche beschäftigen wir uns mit der Planung, mit dem Design eines Gartens. Einige von uns (auch wir) haben Zeichnungen ihrer Gärten mitgebracht, an denen wir uns gruppenweise austoben dürfen.
Man muss sooo viel beachten: Die Region und die Topografie, das Mikroklima, was soll dort passieren, was für Bäume und Gehölze sind schon da, welche und wieviele Menschen leben dort, gibt es Tiere…. Wir beschäftigen uns mit einem Hof in der Nähe von Bitburg, wo spirituelle Seminare gegeben werden sollen. Wir planen einen „Zaubergarten“ und viele Rückzugsorte ein. Eine andere Gruppe beschäftigt sich mit unserer Mühle… seht selbst was tolles heraus gekommen ist! Ich hätte mich selbst niemals getraut, so etwas zu erdenken. Wahnsinn!
Jetzt haben wir erst einmal einen Monat Permakultur-Pause, um unser Erlerntes sacken zu lassen. Es war sehr, sehr intensiv, toll, lehrreich, inspirierend und wir freuen uns sehr auf die zweite Woche!
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Toll, ich finde die Permakultur ursprünglich, logisch und gut. LG