Es kristallisiert sich immer mehr heraus: Menschengeschaffenes flasht uns bei weitem nicht so sehr wie die Natur. Damit meinen wir die Burgen, die Häuser, die auf unserem Weg liegen. Selbst die Werke von Gaudi in Barcelona waren nicht so toll wie jahrhundertealte Steinskulpturen, einfach geschaffen aus der Strömung eines Baches.
Wir staunen darüber, wie sich die Erde verfärbt, wie sich die Maserungen der Berge verändern. Mit Menschen machen wir eher durchwachsene Erfahrungen. Beispiel Frankreich: Als wir im strömenden Regen einen Berg hinunter wandern, fischt uns ein nettes französisches Pärchen auf und fährt uns zu unserer Gurke.
Ein nächster Schlafplatz soll in den roten Bergen von Clermont –l´hérault liegen. Ein mystischer Ort mit tonartiger Erde, in die Besucher mit Steinen Nachrichten geschrieben haben. Wir finden einen schönen Platz am Wasser und treffen unsere ersten „richtigen“ Aussteiger-Camper seit langem: Mehrere umgebaute LKW aufgestellt in einem Kreis. Semi-professionell sieht das aus, mit schweren hölzernen Eingangstreppen.
Wir wollen Hallo sagen und schlendern in den von Cannabis durchzogenen Camper-Kreis, als wir wütend von mehreren riesigen Hunden weggebellt werden. Die Besitzer ignorieren uns.
Ob es an unserem Jack Wolfskin-Jacken liegt?
Müssten wir weite gebatikte Ballonhosen tragen? Einen Platz weiter lassen uns zwei riesige Hunde nicht einmal aussteigen – so sehr fletschen sie uns schon an der Autotür an. Sehr unlucky.
Der Abend endet damit, dass wir neben einer Straße stehen und morgens vom Müllwagen und einer schreienden Frau aufgeweckt werden.
Stehen wir dagegen in der Natur, auch abseits auch von Park 4 Night Plätzen, fühlen wir uns wohler.
Etwa in den Pyrenäen, wo wir die fantastische Aussicht genießen und Helge eine Schneeballschlacht mit sich selbst gewinnt. 😀
In Spanien müssen wir allerdings in der zweiten Nacht in der Nähe eines Ortes parken, da wir relativ schnell nach Barcelona wollen. Wir finden einen Parkplatz an einem Friedhof, der sogar eine offene Toilette besitzt. So weit, so fein.
Gegen zwei Uhr nachts klopft es an unsere Gurke.
Draußen ist lauter Techno-Pop zu hören. Wir stehen senkrecht im Bett und vermuten junge Erwachsene, die sich (obwohl in der Woche) auf dem Parkplatz treffen. Helge lauschert aus dem Fenster und sieht: Der Typ hat ein Brecheisen! Ich zittere wie Espenlaub, Helge übernimmt die Lage und wir klettern nach Vorne in die Führerkabine. Der Typ hat sogar zwei Brechstangen, checkt aber jetzt, dass die Gurke belebt ist, räumt das Werkzeug in den Kofferraum und rauscht ab. Wir fahren in den Ort und stellen uns mitten in ein Wohngebiet – sollte noch jemand sowas versuchen, werden wir hupen und schreien!
In Barcelona haben wir dagegen sehr nette und fast liebevolle Begegnungen – wie in der Cactuscat-Bar, wo uns der Besitzer noch zu einem versteckten alten Krankenhaus lotst, das aussieht als wäre dort Harry Potter gedreht worden.
Wegen dem Brechstangen-Typen schwören wir uns, uns nicht verrückt zu machen und die negative Erfahrung möglichst zu überschreiben. So viele Tage sind wir jetzt schon unterwegs ohne dass etwas passiert ist und es ist ja noch einmal gut gegangen. Trotzdem schrecken wir in der Nacht (wieder um 2) auf, als ein Auto lange Zeit den Motor auf dem Parkplatz laufen lässt. Die Erfahrung hat sich wohl doch eingegraben.
Ich (Julia) will trotzdem meine Begegnungen intensivieren – noch habe ich leider Berührungsängste.
Für die Rentner-Camper fühlen wir uns zu jung,
für die anderen Aussteiger oft zu unalternativ. Ich würde mir aber wünschen, dass ich das überwinden kann und werde ab jetzt proaktiv mit Schokolade auf Leute zugehen. Ob das auch bei Brechstangen-Typen klappt, wird sich zeigen.
2 Comments
👍
Cool zu lesen, aber warum das französische Pärchen als Beispiel für „durchwachsen“? 🙂