Viele würden den Kopf schütteln: Wir haben eine schöne, zentrale Wohnung in Münster, mit zwei Bädern, zwei Balkonen und einer offenen Küche. Ich habe vor zwei Monaten eine Festanstellung angeboten bekommen. Als gelernte Journalistin. Jackpot! Helge und ich reiben wir uns oft die Augen und sagen uns, wie gesegnet wir doch sind, dass wir genau zu dieser Zeit genau an diesem Ort geboren wurden. „Weiße Glückswürstchen“, sagt Helge dazu.
Wir sind Anfang/ Mitte 30 und um uns herum fangen unsere Freunde an, Kinder zu kriegen und Häuser zu kaufen. Das ist auch alles super und wir haben auch schon Häuser angeschaut. Und dann nicht mal eine Absage bekommen.
Also haben wir beschlossen, dass wir uns die Schmach nicht mehr antun, nach einem Häuschen im Grünen zu suchen. Denn: Wenn selbst unsere Beamten-Freunde nichts Bezahlbares finden, können wir unseren Traum ruhig Traum bleiben lassen. Selber bauen? Puh, schon Mal versucht innerhalb der nächsten drei Jahre einen Handwerker zu bekommen?
Was wir uns wünschen: Ruhe. Helge schläft ganz schlecht in der Stadt, das wissen wir genau, weil er seit ein paar Monaten einen Pulsmesser am Handgelenk trägt. Hier in der Stadt hat er kaum REM-Phase, als Tiefschlaf-Traumphase. Dafür wohnen wir zu nahe an der Hauptstraße, die jetzt zusätzlich seit 5 Monaten wegen Kabeln oder Rohren aufgerissen, wieder zugemacht, dann (sogar nachts!) aufgerissen wird. Wir spüren es, das Haus wackelt. Bei meinen Eltern in der Eifel in einem Ort ohne Durchgangsstraße hat Helge sogar die doppelte REM-Phase geknackt. Ruhe. Ein Himmelsgeschenk.
Was wir uns noch wünschen: Draußen-sein. Wenn du an einer Durchgangsstraße wohnst, nützen dir zwei Balkone null. Die Wäsche kannst du nicht raus hängen wegen dem Smog. Die Tomaten willst du nicht essen, wegen dem Dreck in der Luft. Draußen liegen und chillen geht nur mit Noise-Cancelling-Kopfhörern. Und schlafen im Sommer nur mit Oropax.
Klar, hier ist es echt komfortabel: Der Edeka, Aldi, DM und Apotheker sind zwei Minuten entfernt, Wir bräuchten quasi kaum Vorräte, weil immer alles sofort verfügbar ist. Aber was wir uns eben auch noch als drittes wünschen ist: Down-Sizing. Eben nicht jeden Tag eine Avocado oder Mango zur Verfügung zu haben. Raus aus dem Kreislauf von Kaufen, Aufreißen, Konsumieren, Wegschmeißen. Nicht mehr so viel haben. Minimalisten werden. Schauen, wie viel wir überhaupt brauchen, um glücklich zu sein.
Und was wir und als letzten Punkt wünschen: Uns herauszufordern. Menschen kennen zu lernen, die neue Wege gegangen sind. Und von ihnen zu lernen. Input bekommen, ausprobieren, verzichten. Leben. Risiken wagen. Und uns nicht später fragen, was wäre gewesen wenn.
„Was erhoffen Sie sich von der Reise?“, hat unser Pastoralreferent, dem ich heute davon erzählt habe, mich gefragt, „Was fällt Ihnen bei dieser Frage als erstes ein?“
Ich antwortete: „Sicherheit.“
Photo by Daria Shevtsova from Pexels
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